Im Juni ist
es in den Küstenzonen Madeiras manchmal dunstig und wir beschliessen
unsere heutige Wanderung in der klaren Luft der höchsten Gipfel Madeiras
durchzuführen. Mit dem Auto oder dem Taxi ist man von Funchal schnell
am Pico Arieiro, dem zweithöchsten Berg der Insel, welcher der Ausgangspunkt
für den Weg zum höchsten der madeirensischen Berge, dem Pico Ruivo
ist.
Es ist eine Wanderung die Trittfestigkeit und auch gute Kondition verlangt,
da man einige hundert Höhenmeter auf- und absteigen muss (siehe Grafik).
Die Wanderung beginnt (1)(00h00) entlang eines gut ausgebauten
Steiges am Arieiro-Grat der an den kritischen Punkten mit einem stabilen Geländer
gut gesichert ist. Nachdem wir einige hundert Meter vom Gipfel-Parkplatz entfernt
sind umgibt uns eine wunderbare, physisch spürbare Stille.
Der Fels mit seiner breiten Palette an Braun- und Grautönen ist zur Zeit
durch den blühenden Besenginster grün und gelb koloriert. Wir gelangen
zu einem kleinen Aussichtpunkt (2)(00h16) der wie ein Adlerhorst
auf einer Felsplatte über den Abgrund ragt und den Blick zum Pico das
Torres und das Faja da Nougeira-Tal freigibt. Bevor sich der Weg zwischen
den Felsen steil bergab windet, kommen wir noch an einem aus Stein gehauenen
Tisch (3)(00h27) vorbei. Eine bizarre Bergwelt eröffnet sich
und man fragt sich unwillkürlich, ob es wirklich einen Weg durch diese
Klüfte geben mag. Ein grosser Felsblock (4)(00h32) liegt
über dem Steig unter dem man wie durch ein Tor hindurchgehen muss und
tiefer unten geht es nochmal durch eine schmale Felswand (5) (00h39),
die wie die archaische Mauer einer verfallenen Burg anmutet. In den steilen
Wänden blüht der Madeira-Steinbrech (Saxifraga madeirense), das
weisse Gliedkraut (Sideritis candicans), der Felsen-Senf (Sinapidendron rupestre),
die Zottige Fetthenne (Aichrysion villosum), die Madeira-Grasnelke (Armeria
maderensis) und die Rosetten der Hauswurz schmücken manchem Fels wie
ein Ornament. Wir gelangen zum ersten Tunnel (6)(00h42) durch
den Pico de Gato. Eine Taschenlampe ist empfehlenswert aber nicht notwendig
(dies gilt auch für alle anderen Tunnels). Nach einem kurzen Abstieg
treffen wir auf eine Weggabelung (7)(00h47). Beide Wege führen
zum Pico Ruivo. Der linke westlich und der rechte östlich um den Pico
das Torres herum. Wir entscheiden uns für den westlichen Pfad, der längere
Zeit wegen eines Erdrutsches gesperrt war, jetzt aber bis auf einige kurze
Stellen, wo das Geländer von Erdrutschen oder Steinschlag beschädigt
wurde und Trittsicherheit notwendig ist, wieder gut zu gehen ist. Es folgen
hintereinander drei kurze Tunnelchen (8)(01h02), (01h06), (9)(01h08)
und ein etwas längerer Tunnel (10)(01h16), an dessen Ende eine
Eisengittertüre angebracht ist.
An dieser Stelle treffen der östliche und unser westlicher Weg um den
Pico das Torres wieder zusammen und hierher werden wir nach der Ruivo-Gipfelbesteigung
wieder zurückkehren. Der Pfad steigt nun sanft an und wir passieren eine
Gruppe von uralten Baumheiden (11)(01h21), die ihre knorrigen
Äste gegen den blauen Himmel strecken und den Unbilden des Wetters schon
lange bevor die Insel von Menschen betreten wurde trotzten. Jetzt wird der
Weg wieder steil und führt im zick-zack auf einen Sattel zu. Wir passieren
ein Gittertor in einem Weidezaun (12)(01h43) und erreichen bald
danach eine Weggabelung (01h47). Nach links geht es noch ein kurzes
Stück hinauf zur Schutzhütte unter dem Ruivo-Gipfel. Ginge man nach
rechts bergab, gelangt man nach etwa 35 Minuten auf einem gut angelegten Weg
zum Parkplatz Achada do Teixeira (dort kann man sich auch von einem Taxi nach
voheriger Vereinbarung abholen lassen!(Handy)). Wir steigen aber hinauf zum
Schutzhaus (13)(01h50) und weiter die noch fehlenden 90 Höhenmeter
zum Gipfel (14)(02h01).
Ein traumhafter Ausblick in das Zentralmassiv und im NordOsten bis hinüber
zur Insel Porto Santo belohnen uns für die Mühe des Aufstiegs.
Bevor wir den Rückweg antreten, kehren wir im Schutzhaus ein, plaudern
mit dem netten Hüttenwirt, stärken uns mit einem guten madeirensischen
Coral-Bier und geniessen die warmen Sonnenstrahlen und die Freiheit der madeirensischen
Bergwelt.
Dann kommt die Stunde des Abschieds und über den gleichen Weg, den wir
gekommen sind folgen wir nun dem Pfad der wie früher erwähnt am
Tunnel (15)(02h46) links vorbeiführt. Dieser Weg um den
Pico das Torres ist Gelb über Rot markiert. Wieder führt
der Weg durch ein Stück ursprünglichster und wilder Bergwelt unter
einem umgestürzten Felsblock hindurch (16)(02h45), einen
steilen Steig hinauf (17)(03h20) zu einem Grat. Die Nachmittagssonne
liegt mild auf den Wänden und Matten und ein grosser Friede strahlt über
der Landschaft. Durch ein eisernes Weidegatter (18)(03h24) geht
es hindurch und wir gelangen zum Beginn eines steilen Abstiegs (19)(03h27).
Hier muss man sehr vorsichtig steigen, denn die Treppen, welche in das Tuffgestein
geschlagen wurden sind nicht mehr in gutem Zustand und es gibt keine vernünftige
Sicherung. Ein Ausrutscher kann hier fatale Folgen haben; also Vorsicht, Konzentration
und immer senkrecht auf die Stufen steigen um den porösen Tuff nicht
in ein Rollenlager zu verwandeln. Bald ist auch dieser Abstieg (20)(03h40)
geschafft und der Weg geht nun ziemlich eben in den Wänden weiter, an
einem weissen Wegweiser (21)(03h49) mit der Aufschrift Fonte
(= Quelle) vorbei und wir gelangen wieder zu der im Wegpunkt (7) beschriebenen
Weggabelung (22)(03h50). Die sonnige Spätnachmittags-Stimmung
lädt uns nochmals zu einer Rast ein, bevor wir den steilen Anstieg von
235 Höhenmeter zurück zum Ausgangspunkt unserer Wanderung beginnen.
Nach (04h35) passieren wir den Aussichtspunkt (2)(23) und kommen
am Pico Ariero (1)(24)(05h00) gerade zurecht um Zeugen einer
grandiosen Abendstimmung zu werden. Das Farbenspiel eines Sonnenuntergangs
von hier aus zu erleben ist eines der Muss-Erlebnisse, welches man in seiner
Erinnerung von Madeira mitbringen sollte ....... und wir wünschen Ihnen
einen ähnlich tiefen, traumlosen Schlaf der uns dann nach dieser Wanderung
in seine Arme geschlossen hat.
